Zu "Irak für Dialog ohne Vorbedingungen", ND 08.03.02

Im ansonsten sehr guten Artikel von Karin Leukefeld ist auch ein kleiner, aber – angesichts US-amerikanischer Kriegsdrohungen – nicht unwesentlicher Fehler enthalten.

Nicht der Irak hatte 1998 die UNO-Inspekteure des Landes verwiesen. Die Anweisung sich aus dem Irak zurückzuziehen, kam – an der UNO – vorbei, direkt aus den USA in Vorbereitung der viertägigen Luftangriffe Ende Dezember. Möglich wurde die faktische Ausschaltung der UNO durch den eng mit Washington kooperierenden damaligen Chef der Kontrollkommission (UNSCOM) Richard Butler.

UN-Diplomaten und Abrüstungsexperten kritisierten diesen Schritt, der das Ende von UNSCOM einleitete, heftig. Denn das Abrüstungs- und Rüstungskontrollprogramm stand nach Ansicht der meisten UN-Inspektoren, wie beispielsweise Scott Ritter, kurz vor einem erfolgreichen Abschluß. Auf Kosten des Irak war zudem ein Videoüberwachungssystem mit mehr als 500 Installationen an allen Orten, die zur Rüstungsproduktion dienen könnten, angebracht worden, das eine recht effektive Überwachung ermöglicht hätte. Engagierte Inspektoren wie Scott Ritter, mußten nun erkennen, daß es den USA gar nicht um eine effektive Rüstungskontrolle ging.

Nachdem sein Vorgänger Rolf Ekeus schon 1994 festgestellt hatte, daß der Irak die Forderung des Sicherheitsrates weitgehend erfüllt hätte, erstellte Richard Butler einen eigenen Bericht zum Stand der Abrüstungsmaßnahmen, den er statt mit den Inspektoren vor Ort, mit der US-Regierung abstimmte. Auf Basis der in diesem Bericht erhobenen Vorwürfe, befahl Präsident Clinton die Operation ?Desert Fox?. Diesem viertägigen Bombardement fiel auch das Videoüberwachungssystem zum Opfer. UNSCOM wurde später aufgelöst, nachdem sich die Vorwürfe gegen UNSCOM-Mitarbeiter bestätigt hatten, sie hätten Informationen über die irakische Infrastruktur, sowie Zielkoordinaten für Luftangriffe an israelische und US-Geheimdienste weitergeben.

UN-Rüstungskontrollen sind seither nicht nur im Irak reichlich diskreditiert. Doch den westlichen Staaten kommt die nun schon dreijährige Abwesenheit von Waffeninspektoren sehr gelegen, erlauben sie doch wilde Spekulationen über den Stand der irakischen Rüstung. Die USA hätten große Mühe ihre Kriegsvorbereitungen zu begründen, wäre das Kontrollprogramm 1998 auf ernsthafter Basis fortgeführt worden. Mit Sicherheit geht es ihnen daher bei ihrem aktuellen Drängen auf Wiederzulassung von UNO-Inspektoren nicht um Rüstungskontrolle, sondern um einen Vorwand zum Krieg. Sie haben auch angekündigt durch die Forderung nach absoluter Bewegungsfreiheit der Kontrolleure – Rambouillet lässt grüßen – die Hürde für den Irak noch höher zu schrauben.

Heidelberg, 10.3.2002

Joachim Guilliard,
Ko-Sprecher der Initiative gegen das Irakembargo Deutschland