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Joachim Guilliard
Brief an die Frankfurter Rundschau,
wegen Interview mit Obersten Islamischen Rates SCIRI (FR vom 25.5.2001)

Heidelberg, 25. Mai 2001

zu Irak: Aufhebung der Sanktionen allein hilft überhaupt nicht (FR vom 25.5.2001)

Nach dem Kommentar von Karl Grobe in Ihrer Ausgabe vom 21.05.2001, wo er die "Aufhebung des Embargos und Einführung einer rigorosen Handelssperre für Rüstungsgüter aller Art" forderte und dabei auch auf das Problem hinwies, daß dies "in der West-Öffentlichkeit kaum zu verkaufen" wäre, da dafür "das Schurkenstaat-Bild zu tief im allgemeinen Bewusstsein" sitzen würde, hatte ich die Hoffnung, daß auch in der FR ein realistischer Blick auf die Embargopolitik gegen den Irak eingekehrt wäre.

Leider wird in der heutigen Ausgabe mit den Äußerungen eines Vertreters des "Obersten Islamischen Rates" die einseitige, die Sanktionen untersützende Berichtertattung fortgesetzt.

Interwiews mit ausgewiesenen Kennern der Situation im Irak, die den Sanktionen kritisch gegenüber stehen, sucht man in ihrem Blatt vergebens: weder Hans von Sponeck, den ehemaligen Leiter des des Öl-für-Nahrungsmittel-Programms im Irak, noch andere UN-Mitarbeiter vor Ort wurden je befragt, um Informationen zu erhalten, die nicht vom politischen Kalkül von Interessensgruppen bestimmt sind.

Wie Sie sicher sein können, daß dieser religiös orientierte Rat die Dachorganisation der ganzen schiitischen Bevölkerungsmehrheit im eher laizistischen Irak sein kann, sei mal dahin gestellt. Daß Safaa Mahmoud ohne kritische Nachfragen die Folgen eines Embargos das nach UN-Schätzungen bisher mehr als eine Million Tote forderte, als zweitrangig abtun kann, ist aber wohl kaum mit der Unwissenheit des Interviewers Stefan Aust zu erklären.

Ein Blick in Berichte der UN-Organisationen vor Ort hätte Herrn Aust soweit vorbereiten können, daß er z.B. den Vergleich des unter UN-Verwaltung stehenden Nordiraks mit dem restlichen Irak als Propaganda hätte abtun können. Der Norden erhält zum einen einen prozentual höheren Anteil am Erlös der Ölverkäufe, da die 34% für Reparationen und Kosten des Sanktionsregime vom Anteil des Zentral- und Südiraks abgehen. Zum anderen leisten im Norden - im Gegensatz zum Süden - viele Hilfsorganisationen Unterstützung bei der Versorgung und dem Wiederaufbau.

Und wäre es nicht auch eine Frage wert gewesen, wie ein vorgeblicher Vertreter eines Teils der irakischen Bevölkerungs so leichtfertig deren erneute Bombardierung fordern könne.

Mit freundlichen Grüßen

 Joachim Guilliard