DIE IRAK DEBATTE - HANS BRANSCHEIDT &  WADI e.V.  Frankfurt

EINE DEMONSTRATION AM 1. JUNI 2001

A U F R U F

Umzingeln wir den geplanten "Solidaritätsflug" von Frankfurt nach Bagdad
Keine Rehabilitation des Saddam Hussein Regimes
Keine Abschiebungen von Kurden und Arabern in den Irak
Gegen das Bündnis von Rechten, Baathisten und deutscher Wirtschaft
Gemeinsam für einen freien und demokratischen Irak
Gegen das Vergessen von Halabja

Für den 1. Juni ist ein "Solidaritätsflug" Frankfurt Bagdad geplant. Organisiert von verschiedenen Gruppen und Regimevertretern mit besten Beziehungen zu Saddam Hussein und möglichst auch mit Repräsentanten der deutschen Wirtschaft.

Die Tournee gilt einem Regime, dem die Vereinten Nationen vollendeten Völkermord nachgewiesen haben. Es geht nun um die profitable Wiederanknüpfung an die alten blutigen Geschäfte zweier Golfkriege. Schon in den 80er Jahren boomten die deutsch-irakischen Wirtschaftsbeziehungen: mit der Lieferung von Giftgas und Militärtechnologie verdienten deutsche Firmen, unbehindert von der damaligen Bundesregierung an einem wahrhaftigen Bombengeschäft, dem im Irak Hunderttausende von Zivilisten bei gezielten Giftgaseinsätzen und Vernichtungskampagnen zum Opfer fielen.

Offenbar hoffen die alten Akteure auf ihre neue Chance: Jürgen Möllemann, Präsident der Deutsch-Arabischen-Gesellschaft (DAG), dringt schon seit geraumer Zeit auf eine "Normalisierung" der Beziehungen zu Bagdad.

In einem weiteren Umfeld assistieren bekennende Nationalsozialisten wie Horst Mahler, Rechte und Deutschnationale wie Franz Schönhuber, Alfred Mechtersheimer und Jörg Haider, die durchaus berechtigt in ihrem Saddam Hussein seit langem wieder einen Diktator identifizieren, mit dem sie sich in ihrem blinden Haß gegen die USA und das "Weltjudentum" verbunden fühlen.

Bedauerlicherweise sind auch Teile der Friedensbewegung und des antiimperialistischem Spektrums in diesem Zusammenhang aktiv. Verherenderweise glauben sie, durch eine Kooperation von deutscher Industrie und Saddam Hussein lasse sich das Leid der irakischen Bevölkerung, die unter einem 10-jährigen Embargo und der Unterdrückung der Saddam Diktatur leidet, beheben. Sträflich mißachtet wird dabei die warnende Stimme der irakischen Opposition und der Kurden, die seit Jahren das Embargo bekämpfen, zugleich aber nachweisen, daß die Lage der Menschen im Irak unter der Herrschaft Saddam Husseins sich nicht bessern kann.

Tatsächlich sind Hunderttausende von Menschen seit Beginn der Herrschaft der Baath-Partei (1968) im Irak ermordet worden. Sie alle sollen unerwähnt sein und ohne Beachtung soll bleiben, daß der Irak die Last der Sanktionen bewußt auf die Zivilbevölkerung abgewälzt hat und zugleich in der Tradition der 80er Jahre (Halabja, Anfal) ganze Landstriche etwa im Süden des Landes entvölkert und ökologisch vernichtet hat. Systematisch wurden bis in die neueste Zeit diejenigen kurdischen Gebiete, die im Zugriffsgebiet des Regimes stehen "arabisiert" und ihre Bewohner vertrieben. Allein im vergangenen Jahr ließ Saddam Hussein 600 Frauen öffentlich wegen "Unzucht" enthaupten. Regelmäßig werden die Gefängnisse des Landes in Kampagnen gesäubert, denen etwa 1998 an einem Tag (!) zweitausend Menschen zum Opfer fielen.

Kein Wort über die Herrschaftspraxis des Regimes ist von diesen "Embargogegnern" zu vernehmen, die jedoch gleichzeitig ungezwungen die Sanktionen der Vereinten Nationen als "US-Genozid" anprangern.

Jetzt wollen solch illustre Formationen nach Bagdad fliegen, um ein "Zeichen gegen das Embargo" zu setzen. Dabei werden sie als Gäste der irakischen Regierung im teuersten Hotel Bagdads nächtigen und ihre Aktion wird von der irakischen Regierung propagandistisch zutreffend als Solidarität mit dem Diktator gewertet.
 


1. JUNI 2001

Am 1. Juni 2001 will die Deutsch Irakische Gesellschaft und das Deutsch Arabische Friedenswerk, beides Organisationen mit engen Kontakten zugleich zur irakischen Regierung wie zur rechten Szene Europas, - die seit langem schon in Saddam Hussein ihren neuen Helden entdeckt hat, - von Frankfurt aus einen "Solidaritätsflieger" nach Bagdad starten lassen. Dort werden die Teilnehmer als "Gäste der irakischen Regierung" empfangen.

Die unterzeichnenden deutschen, irakischen und kurdischen Gruppen rufen dazu auf, den Abflug zu belagern und die Teilnehmer zu umzingeln.

Daher treten wir am 1. Juni an Ort und Stelle auf den Plan.

Treffpunkt:

Der Flug nach Bagdad aus Frankfurt, abgefertigt an jenem Schalter, von dem aus täglich Verfolgte in den Nahen Osten abgeschoben werden, weist auch in diese Richtung: Europa versucht zur Zeit sich mit allen Mitteln der Flüchtlinge aus dem Irak zu entledigen. Jede Rehabilitation des Regimes ist daher hochwillkommen bei den hiesigen Innenministern, die seit Jahren daran arbeiten, zehntausende Iraker in ihr Herkunftsland abzuschieben. Der "Solidaritätsflug" am 1. Juni soll daher eine Bresche schlagen: Den Möllemanns und Haiders sollen bald abgelehnte irakische Asylbewerber folgen - auf ihrem ganz anderen Flug in den sicheren Tod.

Statt das Regime zu rehabilitieren, rufen wir zu einer Kampagne für einen demokratischen Irak auf. Nur ein Irak ohne Saddam Hussein und ohne Sanktionen kann es den Menschen, die dort leben, - seien es Araber oder Kurden, Schiiten, Sunniten oder Christen - ermöglichen in Freiheit und Demokratie zu leben. Mit Saddam Hussein dagegen wird es mit Sicherheit weitere Kriege, Massaker und Menschenrechtsverletzungen geben.

Die irakischen Exilgruppen und Oppositionsparteien, die sich seit langem bemühen die Rahmenbedingungen für einen "neuen Irak" als Staat vieler Gruppen und unterschiedlicher Menschen zu schaffen, sollen unsere demokratisch legitimierten Partner dabei sein, nicht das Regime des Völkermords. Mit ihnen gemeinsam sind Programme zu entwickeln, wie das Elend und Leiden der Bevölkerung zu beenden ist, ohne daß das alte Regime wieder seine volle innen- und aussenpolitische Souveränität zurückgewinnt.. Endlich steht auch die Zukunft Irakisch-Kurdistans auf dem Spiel, wo seit 1991 eine Art - international nicht anerkannter – autonomer Selbstverwaltung existiert. Nach langen internen Auseinandersetzungen sind die kurdischen Parteien jetzt auf dem Weg einer umfassenden Einigung. Irakisch-Kurdistan muß nun auch international als demokratische Alternative zur Diktatur Saddam Husseins bestätigt werden – bis das schließlich demokratische Selbstverwaltung sich auf das ganze Land erstreckt.

Statt einen Diktator, der als der größte Feind des "eigenen" Staatsvolks geächtet wurde, wieder hoffähig zu machen, wollen wir in breitem demokratischem Bündnis gemeinsam für einen endlich freien Irak eintreten, in dem die Bevölkerung ohne Angst, Not und Unterdrückung leben kann.

"Ein Fenczter zcu der Welt..."

Unser Vorschlag:

Ende Juni 2001 zu einem Großen Ratschlag nach Frankfurt einzuladen, der sich konkret mit den Aufgaben, Problemen und Perspektiven der Einrichtung demokratischer Lebensbedingungen in einem pluralistischen Irak konzeptionell beschäftigt. Auch mit der Embargo-Frage. Und ohne die anstehende Wiedergutmachung für die deutsche Beteiligung an der Vernichtung der Stadt Halabja durch Giftgas außer acht zu lassen. Veranstaltet, gemeinsam und gleichberechtigt, von bundesdeutschen Menschenrechtsverbänden, von Entwicklungsorganisationen, Asylgruppen, Formationen der Demokraten und der politischen Linken – zusammen mit den Vertretern der irakischen Opposition und der Verfolgten aus diesem Land in Deutschland. Als Auftakt und Eröffnung einer langfristigen Zusammenarbeit.

Aufrufunterzeichner:

Unterstützer:
Medico
Wadi
IMK e.V.
und viele andere