"Eine
Aufhebung des Embargos muß mit minimalen politischen Bedingungen
verknüpft werden"
Ahmad Berwari , 4. März 2001
Lieber Herr Branscheidt,
Ihre kritischen Bemerkungen zum Aufruf der Lobby der irakischen
Regierung in
Deutschland "Embargo gegen den Irak beenden" sind nach
meiner Auffassung
sehr angebracht. Ich bin, wie fast alle anderen irakischen
Oppositionellen,
eindeutig für eine Beendigung des Embargos gegen die machtlose
irakische
Zivilbevölkerung, aber gleichzeitig für die politische
Isolation des Regimes
von Saddam Hussein. Diese Isolation kann nur durch
wirtschaftliche Sanktionen
gegen das Regime erreicht werden. Eine Aufhebung des Embargos
muß mit
minimalen politischen Bedingungen verknüpft werden, wie
Demokratisierung,
Wahrung von Menschenrechten, Meinungsfreiheit u. a. im Irak. Man
kann das
Embargo von den politischen Aspekten und vom Verhalten des
Saddam-Regimes
nicht trennen, denn in erster Linie tragen Saddam Hussein und
seine engsten
Mitarbeiter die Verantwortung für die miserable Situation im
Irak. Ohne
Besatzung von Kuwait gäbe es keinen 2. Golfkrieg, und ohne
Verletzung von
UNO-Resolutionen bezüglich der Beendigung des 2. Golfkrieges,
die teilweise
von der irakischen Regierung nach der Befreiung Kuwaits völlig
akzeptiert
hat, gäbe es keine wirtschaftliche Sanktionen. Das Taiming der
Verbreitung
dieses Aufrufes, wie Sie selbst in Ihrer Kritik angesprochen
haben, ist Anlaß
zum Verdacht, gegen die Bemühungen der PDS und andere Freunde
der irakischen
Kurden, endlich im Bundestag das Thema Halabja zu diskutieren.
Hoffentlich
kommt es überhaupt zu einer Diskussion, die in die
Öffentlichkeit auftritt.
Außerdem ist der Versuch, das jetzige irakische Regime, das für
das Anzetteln
von zwei sinnlosen Kriegen (Golfkrieg 1. und 2. innerhalb von 10
Jahren) mit
unberechenbaren Folgen für die Region, die Vernichtungskampangen
gegen die
Kurden im Norden und die Schiiten im Süden des Irak, die
brutalen Maßnahmen
gegen alle Oppositionelle im Lande, die Verhinderung der
Durchführung der
UNO-Resolution 986 (Öl gegen Nahrung), die teilweise für das
Lindern der
irakischen Bevölkerung beiträgt, politisch zu rehabilitieren
und
wirtschaftlich zu unterstützen, ist an sich ein Verbrechen. Ich
unterstütze
jeden Satz ihrer Kritik an den Aufruf von Herrn von Sponeck und
Co.
Mit besten Grüßen
Ahmad Berwari
Ahmad Berwari ist Vertreter der Patriotic Union of Kurdistan, PUK des Irak.
Zur Haltung der irakisch-kurdischen Organisationen zum Embargo siehe auch das Interview Hans v. Sponecks in der "jungen Welt" v. 26.2.2001